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Keine Posaunen vor Jericho?

„Keine Posaunen vor Jericho“ – mit Titeln wie diesem wird in Büchern und Dokumentationen wieder die Bibel infrage gestellt. Der Spiegel etwa bringt zu Ostern oder Weihnachten wieder solch bibelkritische Artikel. Mal sehen, was uns da wieder erwartet….

Doch klein und unscheinbar finden sich auch solche Meldungen in den Medien: „Ring des Statthalters Pilatus aufgetaucht“, „Neuer Beleg für die jüdische Besiedlung Jerusalems vor 2700 Jahren“. Immer wieder tauchen in Israel solche archäologischen Funde auf. Christen freuen sich dann darüber, dass die Bibel punktuell bestätigt und ein interessantes Licht auf ihre Zeit geworfen wird. Doch dabei gilt es immer, auch kritisch zu bleiben, denn Archäologie in Israel war schon immer kontrovers und politisch. Einige Funde der letzten Jahrzehnte zeigen ihre Licht- und Schattenseiten.

1990 wurde in Jerusalem zweifelsfrei die Grabanlage der Familie des Hohenpriesters Kaiphas gefunden, der Jesus hatte kreuzigen lassen. Kaiphas gehörte zur Partei der Sadduzäer, die nicht an die Auferstehung der Toten glaubten. Interessant war darum, dass man im Schädel eines weiblichen Familienmitglieds eine Münze fand. Bei dieser griechischen Sitte gab man den Toten Geld mit, damit sie den Fährmann ins Jenseits bezahlen können. Die „aufgeklärte“ Kaiphas-Familie war sich also doch nicht so sicher und gab dieser Frau lieber noch eine Absicherung für ein Weiterleben mit. Man weiß ja nie…

1993 gab es im Norden Israels einen bedeutsamen Fund. In einer Inschrift aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. war die Rede von dem [Königs-]„Haus David“. Bis dahin hatten viele Forscher die Existenz von David bezweifelt und ihn für so (un )historisch gehalten, „wie König Artus“. Plötzlich aber gab es einen Beleg für eine davidische Dynastie und so manches Lehrbuch wurde widerlegt.

Schon 1979 wurden nahe Jerusalem zwei kleine Silberrollen gefunden, die den aaronitischen Segen (4.Mose 6,24) enthalten und als eine Art Amulett gedeutet wurden. Dieser Fund stammt aus dem 7. Jahrhundert vor Christus. Dieser Textfund ist also mehr als 400 Jahre älter als die berühmten Qumran-Funde und er stimmt fast vollständig mit dem uns überlieferten Text überein!

Leider werden viele Funde in Israel nicht wissenschaftliche geborgen und sie tauchen einfach so im Basar oder im Internet auf, also ohne den Fundzusammenhang. So war es auch mit einem Siegel, dessen Aufschrift lautet „Gehört Berekhyahu (Baruch), Sohn des Jeriyahu (Nerija), dem Schreiber.“ In Jeremia 36,4 heißt es: „Da rief Jeremia den Baruch, den Sohn Nerijas, und Baruch schrieb, wie Jeremia es ihm vorsagte.“ Das ist wirklich frappierend, doch mittlerweile ist die Echtheit des Siegels bestätigt. Diesen Schreiber Jeremias gab es also tatsächlich und sogar sein Fingerabdruck in dem ehemals weichen Tonsiegel ist erhalten. Was für eine Bestätigung der Bibel!

Leider gibt es auch immer wieder Fälschungen von archäologischen Funden, mit denen sich viel Geld verdienen lässt. So tauchte 2003 ein Ossuar (kleiner steinerne Sarg, in der die Knochen ein zweites Mal bestattet wurden) auf mit der Inschrift „Jakobus, Sohn des Josef, Bruder des Jesus“. Mit diesem Fund wäre der Bruder von Jesus (z.B. Schreiber des Jakobus-Briefes) gefunden worden und Jesus direkt archäologisch bestätigt! Eine Sensation! Begeistert stürzten sich manche Christen auf diesen Fund. Doch nach aufwendigen Untersuchungen zeigte sich, dass das Ossuar zwar alt und echt war, die hebräische Inschrift aber modern und neu. Das ist eine Warnung an die, die sich Bestätigungen der Bibel wünschen, bei allen Meldungen wachsam und kritisch zu bleiben. Die Bibel hat schon immer Recht, nur sollten wir nicht gutgläubig Fälschungen und Manipulationen auf dem Leim gehen.

Den besagten Ring des Pontius Pilatus hat man tatsächlich gefunden – und zwar in einem Museums-Magazin! Gefunden wurde er vor 50 Jahren im Herodion, einer Festung von Herodes dem Großen. Erst jetzt wurde der Name darauf entziffert – Pilatus. Und da aus dieser Zeit kein anderer Pilatus bekannt ist, dürfte es sich tatsächlich um den Pilatus aus dem Glaubensbekenntnis handeln, wie die Jerusalem Post berichtet. Es handelt sich bei dem Fund vermutlich um einen Alltagsring/-siegel des Pontius Pilatus.

Bei Archäologie in Israel geht es immer auch um Politik: Wem gehört das Land und die Geschichte? Von palästinensischer Seite wird bestritten, dass die Juden starke Wurzeln im Land haben. Dabei geht es knallhart um Politik und um die Legitimität des jüdischen Staates. Vertreter der Palästinenser behaupten etwa, auf dem Tempelberg hätte nie ein jüdischer Tempel gestanden. Zurzeit versuchen sie, das Areal als rein palästinensisches Kulturerbe anerkennen zu lassen, und die UNESCO spricht bereits nicht mehr vom „Tempelberg“, sondern auf arabisch vom „Al-Haram As-Sarif“ – defacto also eine Leugnung des jüdischen Tempels. Die Grabanlage von Abraham in Hebron (Machpela genannt) ist von der UNESCO bereits als rein „palästinensische Weltkulturstätte“ anerkannt, obwohl Abraham als der jüdische und arabische Stammvater gilt und die Machpela vom jüdischen König Herodes erbaut wurde.

So ist die biblische Archäologie Teil eines großen Ringens um die Wahrheit: Da sind einerseits Christen, die in allem einen faktenfreien Beleg für die Historizität der Bibel sehen wollen. Da sind die Minimalisten, die von der Nicht-Historizität der Bibel ausgehen und sie unbedingt beweisen wollen. Und da sind palästinensische Eliten, denen es um Deutungshoheit und Politik geht. Für den aber, der die Bibel unvoreingenommen mit der Wirklichkeit vergleichen, sind da immer wieder schöne Überraschungen, dass die (Geschichts-)Wissenschaft bei allen offenen Fragen die Zuverlässigkeit der Bibel ganz erstaunlich unterstreicht.

Christian Pestel

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