Die "Reue" Gottes
Gottes unbekannte Seite kennen lernen
Es gibt Seiten an Gott, die uns modernen Menschen völlig fremd sind. Die einfach nicht in unseren Kopf passen (als sei der so groß…). Dazu gehört auch die Rede von der „Reue“ Gottes, von der die Bibel immer wieder spricht: Wie sollte ein allwissender Gott etwas bereuen können? Warum sollte er seine Meinung ändern? Wie kann es gerecht sein, wenn er mal so und mal so entscheidet? Ist es nicht völlig widersprüchlich, wenn die Bibel auch sagt, Gott sei kein Mensch und ihn könne eben nichts gereuen (4.Mose 23,19)?
Das sind gute Fragen, doch zeigen sie manchmal nur, wie sehr wir Gott in unsere Maßstäbe pressen wollen. Bei näherem Hinsehen aber ist der lebendige Gott der Bibel, viel besser, als all unsere Vorschläge, wie er zu sein hätte…
Die „Reue“ Gottes in der Bibel zu meist positiv für den Menschen: Gott „gereut“ die Strafe, die er verhängt hat, und beendet sie. Nur selten gereut ihn etwas zum Schlechteren des Menschen, etwa vor der Sintflut, als es ihn „gereut, dass er den Menschen gemacht hat“ (1.Mose 6,6), oder dass er Saul zum König gemacht hat (1.Sam 15,11). Meist aber bedeutet Gottes „Reue“, dass er angerührt vom Leid der Menschen, dass er eine berechtigte Strafe beendet oder sich sogar von der Bitte eines Menschen überzeugen lässt (2.Mose 32,12-14).
Die „Reue“ Gottes zeigt also seine tiefe Bewegbarkeit und Beweglichkeit, seine Empathie und Willen zum Guten. Als Jona mit Gott schimpft: „Ich wusste ja, dass du dich des Unheils reuen lässt und vergibst“, sagt Gott: „Du jammerst über deinen kleinen Rizinus-Strauch, und ich sollte kein Mitleid haben mit der großen Stadt Ninive, in der 120.000 Menschen sind?“ (Jona 4). Da ist also Gott voll Wohlwollen und Erbarmen - die Härte und Verbohrtheit aber liegt bei den Menschen.
Auch der Prophet Jeremia spricht immer wieder davon: Gott sei bereit zur „Reue“, um eine Strafe abzuwenden (Jer 26,3), aber die Menschen seien unwillig zur Reue und das Böse zu lassen (Jer. 8,6). Und ist das nicht genau so? Wir sind es oft, die hart sind, unbeugsam und stur – vor allem, wenn es um Gott geht! Der muss sich oft warm anziehen, denn wir sind gerne Ankläger und Besserwisser. Und wir sind schwer von falschen Haltungen abzubringen.
Und genau darum sollen wir Gottes „Reue“ sehen – um uns zu bewegen und zu verändern. Damit wir vom hohen Ross runterkommen und bereit werden falsche Wege zu verlassen. Wo Gott sein Recht durchsetzen könnte, wo er mit jedem Recht der Welt auf Allmacht und Unveränderlichkeit setzen könnte – da zeigt uns sein Mitleid, sein Wille zum Guten, dass er bereit ist, unser Schicksal zu wenden. Wenn wir sehen, dass er „barmherzig und gnädig ist, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue“ (2.Mose 34,6), dann macht es uns vielleicht bereit, ihm neu zu vertrauen. Ja, wenn man diese „weiche Seite Gottes“ sieht, kann man kaum anders, als ihn zurück zu lieben!
Christian Pestel