„Oh Land, Land, Land, höre das Wort des Herrn“(Jer.23,28)
Sie hörten nicht auf Gottes Wort, aber auf die Zukunfts-Visionen von Menschen. Sie wandten sich empört ab, wenn Gott sie zur Umkehr einlud, aber sie folgten gerne denen, die ihre Bedürfnisse ansprachen. Sie liebten die Schalmeienklänge der neuen Zeit und vergaßen die Lehren des alten Glaubens und der Vergangenheit. Als das babylonische Heer anrückt, machten sich in Jerusalem absurde Hoffnungen breit: Die Propheten sagten „Frieden, Frieden“; Diplomaten rieten „Lasst uns Ägypten als neue Schutzmacht wählen“; und die kleinen Leute experimentierten mit exotischer Spiritualität. Zur Zeit von Jeremia brachten Unsicherheit und Angst Jerusalem in Bewegung und führten zu einer Scheinblüte.
Wenn ich Jeremia lese, bin ich von der damaligen Dramatik gefesselt, doch ständig habe ich dabei im Kopf, was heute los ist: Angst macht auch heute die Runde und ist unser Horizont geworden (Corona, Klimawandel, Finanz-Crash, ein Blackout oder gleich die ganze Apokalypse); revolutionär Ideen sehen plötzlich attraktiv aus (Massenimpfung, Decarbonisierung und 100% Elektromobilität, Verstaatlichungen, Helikoptergeld); neue Visionen malen uns schöne Bilder von einer besseren Welt – gerechter, moderner und klimaneutral! Der Mensch und die ganze Welt können heil werden, nicht durch existentielle Antworten, sondern durch politischen Aktivismus! Und die Hoffnung „Friede, Friede“ (Jer 6,14; 8,11; 23,17) liegt in der Luft – wenn man das alles nur durchsetzt.
In diesen Taumel musste Jeremia immer wieder als Störenfried hineingrätschen. „Oh Land, Land, Land, höre das Wort des Herrn!“ ruft er! Immer wieder zeigt der die Folgen der Loslösung von Gott auf, wie betrügerisch die Heilsversprechen sind, dass Gottes Erbarmen neu denen gilt, die hören. Sie aber wollen nicht hören: „Als es dir gut ging, habe ich zu dir geredet, doch du wolltest nicht hören. Das ist deine Art von Jugend an.“ (Jer 22,21) Und darum muss Jeremia sehr direkt Gottes Strafe ankündigen.
Auch heute steht Gott so vor uns – vor uns persönlich, vor uns als Gemeinde und vor uns als Volk. Wem glauben wir? Wem vertrauen wir uns an – und unsere Zukunft? Wie wichtig ist uns, in der Gesellschaft dabei und anerkannt zu sein? Wie groß ist unsere Bereitschaft auch zu sagen: „Nein, ich mache da nicht mit. Ich gehe einen anderen Weg!“? Jeremia wurde beschimpft, geschlagen, gecancelt, verhaftet, in eine Zisterne geworfen und weggeführt. Er klagte, warum gerade er der Amboss sein musste, auf dem Gott schmiedet. Doch immer wieder fand er bei Gott seinen Frieden und er sagte: „Das will ich meinem Herzen vorhalten und darum Hoffnung fassen: Die Gnadenbeweise des HERRN erhalten uns am Leben. Seine Barmherzigkeit ist noch nicht zu Ende. Sie ist jeden Morgen neu und deine Treue ist groß, Herr!“
In diesen Tagen kann Jeremias Haltung auch unser Leitstern sein und es gibt für uns nichts Besseres, als ernsthaft Gottes Wort zu hören.
Christian Pestel
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