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Salonfähiger Antisemitismus

Es gibt Dinge, die würde keiner tun. Keiner würde zu seinem Chef sagen: „Du bist ein echter Vollidiot“ – zumindest, wer seinen Job behalten will. Doch es gibt andere Wege das auszudrücken – hintenrum, subtiler, intellektueller, geschliffener…


Mit Antisemitismus ist es ebenso. Keiner stellt sich hin und sagt: „Ich bin Antisemit“. Es gehört bei uns zum guten Ton, in tiefem Schmerz des Holocaust zu gedenken und Judenhass zu verdammen. Aber natürlich gibt es auch da Wege, sich antisemitischer Ziele, Stereotype und Mittel zu bedienen. Einer davon heißt BDS.


„BDS“ steht für Boykott, Deinvestition und Sanktionen. Es ist eine internationale Bewegung, die Israel zwingen will, alle als Flüchtlinge anerkannten Palästinenser aufzunehmen, zu entschädigen und jegliche Besatzung zu beenden. Das hört sich berechtigt und friedlich an. Keineswegs klingt es antisemitisch. Und so hat BDS auch in den Kirchen viele Fürsprecher: Kirchengemeinden propagieren BDS, eine Aktivistengruppe des Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) unterstützt es und eine ACK-Broschüre wirbt dafür („Das Kairos-Dokument“). Nicht Israel solle boykottiert werden, sondern Produkte aus den besetzten Gebieten. Das klingt doch berechtigt und gut – aber was steckt dahinter?


„From the river to the sea, Palestine will be free“ – so schrien im Mai BDS-Demonstranten vor dem Reichstag, als israelische Zivilisten mit tausenden Raketen beschossen wurden. Selten wird bei uns die Auslöschung Israels so klar gefordert, doch genau darum geht es BDS. Denn:

1) Terrororganisationen wie Hamas und PFLP haben die BDS-Kampagne mitinitiiert und folgerichtig fordern BDS-Akteure die Eliminierung Israels.

2) Die „Rückkehr“ von 5 Mio. durch die UN anerkannte Flüchtlinge wäre das Ende des jüdischen Staates (Palästinenser sind weltweit die Einzigen, deren Flüchtlingsstatus als vererbbar gilt. Warum eigentlich?).

Und 3) geht es BDS nur um den Kampf gegen Israel, nicht um Engagement für Menschenrechte oder gegen Terrorismus in der palästinensischen Gesellschaft.


FDP, CDU, SPD, die Grünen, Hochschulen und viele andere haben darum die Bewegung als antisemitisch erkannt. Der Deutsche Bundestag erklärte am 17.5.2019 mit großer Mehrheit: „Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch.“


Wie aber kann es sein, dass in den Kirchen BDS dennoch oft propagiert wird? Wie kann eine ökumenische Broschüre sagen, die seit 10 Jahren auch in unserem Namen verbreitet wird, Israel sei dabei, zum schlimmsten Apartheitsstaat der Welt zu werden – während in Syrien und Jemen Krieg herrscht und der IS die orientalischen Kirchen fast ausradiert hat…..? Wie kann es sein, dass die Kirchen nicht auch zu einem Boykott der Hamas auffordern, eine in Europa anerkannte Terrororganisation…? Wieso kann der Menschenrechtsrat der UN mehr Verurteilungen gegen Israel aussprechen, als gegen alle anderen Länder der Erde zusammen (zwischen 2006 und 2015: 61x gegen Israel, 54x gegen andere Länder)?


Offensichtlich gibt es einen salonfähigen Antisemitismus, der nicht in Springerstiefeln daherkommt. Er tritt intellektuell auf und trägt die Gerechtigkeitsfrage vor sich her. Empört grenzt er sich vom Antisemitismus ab und ist doch blind dafür, in welche Agenda er sich stellen lässt. Und leider sind die Kirchen wieder vorne mit dabei...


Wenn die Baptistengemeinden in Deutschland im Herbst darüber abstimmen, ob sie dem Ökumenischen Rat der Kirche angehören wollen, sollten sie überlegen, wie sie damit umgehen: Stehen wir dann zu dem Kurs des ÖRK? Passen wir uns an, schweigen und werden Teil dieser Agenda? Oder benennen wir auch den Dissens klar, halten an der Liebe zu Juden und Israel fest und widersprechen dem Antisemitismus - auch wenn er geschliffen und salonfähig daherkommt?


Christian Pestel


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