Nehmt keine Schuhe mit!
Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe... (Lk 10,4a GNB)
So ganz verinnerlicht habe ich diese Anweisung Jesu noch nicht, aber ich fange an, sie zu verstehen.
Letzte Woche gingen meine Schuhe kaputt. Also habe ich für die Reise nach Amoltepec ein paar neuwertige Sandalen aus dem Schrank geholt, die ich vor Jahren gekauft, bisher aber so gut wie nicht getragen hatte. Auf dem Weg nach Amoltepec hat sich aber die Sohle völlig aufgelöst. Sie bestand offensichtlich aus einem Material, das sich nach einiger Zeit von selbst zersetzt!
Mit den Resten meiner Sandalen an den Füßen habe ich die größten "Schuhgeschäfte" in Amoltepec besucht. Zwei davon hatten je ein paar Schuhe in 42, der Rest war kleiner; sonst gab es überhaupt nur bis Größe 41. Ich brauche Größe 45. (Die Mixteken sind im Schnitt etwa 1,60 m groß und haben auch entsprechend kleinere Füße.) Schließlich habe ich ein Paar selbstgemachte "Dorfsandalen" in 42 gekauft. Sie bestehen oben aus Leder, unten aus alten Autoreifen. Meine Füße stehen zwar vorne und hinten raus, aber immerhin kann ich damit laufen.
"Morgen ist Markttag", habe ich mich getröstet, "und vielleicht hat einer der Händler, die von auswärts kommen, größere Schuhe dabei."
So bin ich in meinen neuen zu kleinen Sandalen zu meinen Gastgebern Fredi und Chavela geschlurft und habe ihnen von meinem Missgeschick erzählt. Sie schauen sich an, und Fredi sagt: "Wir haben doch noch dieses Paar in 45?"
"Wie, 45? Kein Mensch hier benutzt das!"
"Weißt Du, wir haben früher Katalogbestellungen gemacht. Jemand von auswärts hat diese Schuhe bei uns bestellt, aber sie haben ihm nicht gepasst. Ich glaube, die liegen noch bei uns im Laden."
Fredi und Chavela haben mir die Schuhe dann geschenkt und sich geweigert, eine Bezahlung dafür anzunehmen. Ich bin erstaunt und beschämt, wie Gott für seine Kinder sorgt. Wenn wir nur öfter in solche Situationen kommen würden, wo wir uns nicht selbst helfen können, sondern auf seine Versorgung angewiesen sind, würden wir das vielleicht auch öfter erleben.
Wenn Gott sogar die Feldblumen so ausstattet, die heute blühen und morgen verbrannt werden, wird er sich dann nicht erst recht um euch kümmern? Habt ihr so wenig Vertrauen? Also macht euch keine Sorgen! Fragt nicht: ›Was sollen wir essen?‹ ›Was sollen wir trinken?‹ ›Was sollen wir anziehen?‹ Mit all dem plagen sich Menschen, die Gott nicht kennen. Euer Vater im Himmel weiß, dass ihr all das braucht. Sorgt euch zuerst darum, dass ihr euch seiner Herrschaft unterstellt, und tut, was er verlangt, dann wird er euch schon mit all dem anderen versorgen. (Mt 6,30-33 GNB)
Marc Schwab