Das literarische Quartett 5
eine Predigtreihe im Herbst 2019 in der EFG Weinheim
Der moderne Mensch – ist er höherentwickelt, weiter und besser, wie es die Geschichtsschreibung beteuert? Oder ist er zutiefst verlassen und verloren und einsam, wie es die große Literatur eindrücklich zeigt?
Auch die Bibel zeichnet facettenreich das Bild des Menschen in einer existentiellen Krise. Und so sollte sich ein fruchtbarer Dialog finden lassen zwischen den Werken der neueren Weltliteratur – und der Bibel.
22.09. „Der alte Mann und das Meer“ und die rastlose Jagd nach Glück Ernest Hemingway im kollegialen Austausch mit Petrus über Fischfang und den Fang, der alles verändert (Lk 5).
27.10. „Der kleine Prinz“ und die radikale Einsamkeit des Einzelnen Saint-Exupery im Dialog mit Abraham über Könige, Lampenanzünder und Rosen, und die Heimat bei Gott (Gen.12,1-6; 15,1).
17.11. „Warten auf Godot“ und die lähmende Leere der Moderne Samuel Beckett im Gespräch mit „Korah“, über das ermüdende Warten „auf Godot“ + das sehnsüchtige Warten auf Gott (Ps 42).
Der alte Mann und das Meer (1952) Der alte kubanische Fischer Santiago hat seit 84 Tagen nichts mehr gefangen. In der Hoffnung auf einen großen Fang fährt er sehr weit auf den Golf hinaus, wo ein sehr großer Marlin anbeißt. 3 Tage kämpfen die beiden miteinander, bis der Fisch besiegt ist. Da er so groß ist, muss Santiago ihn außenbords anbinden, wo ihn die Haie attackieren. Nach langem Kampf kommt Santiago mit einem Fisch-Skelett nach Hause. • Die Geschichte ist ganz alltäglich, der Kampf ums Überleben. Doch was symbolisieren Meer und Jagd, Beute und Verlust? • Der Fischer Petrus macht mit Jesus seinen „Jahrhundertfang“, doch auch ohne Haie lässt er ihn gerne zurück. Warum? Was hat er gefunden?
Der Kleine Prinz (1943) Ein Pilot stürzt in der Wüste ab und trifft den kleinen Prinzen, der von einem kleinen Planeten stammt. Der kleine Prinz erzählt ihm von den Erwachsenen, die einsam auf ihren Planeten leben – und deren Leben so tragisch ist, einen König, einen Eitlen und einen Laternenanzünder. Durch einen Fuchs lernt er Freundschaft kennen, die er bei den Erwachsenen nicht gefunden hat. Zuletzt kehrt er zu seinem Planet mit seiner Rose zurück. • Haben wir uns an die Verrücktheiten der Erwachsenen gewöhnt und das Wesentliche vergessen? • Und warum lebt Abraham in der Wüste und was hat er dort an „Wesentlichem“ gefunden? Können wir das heute auch, wenn wir unter „Königen“, „Eitlen“ und „Lampenanzündern“ leben?
Warten auf Godot (1948) Die beiden Landstreicher Wladimir und Estragon warten unter einem halbtoten Baum an einer Landstraße. Ihre Gespräche kreisen leer und ergebnislos, doch sie warten auf Godot. Diesen kennen sie nicht, wissen nicht, was sie von ihm wollen, ja nicht einmal, ob er existiert. Das Warten auf Godot ist ihr Antrieb und ihre Hoffnung, zugleich aber auch Stillstand und die Verhinderung jeglicher Entwicklung und Verantwortung. • Ist der Glauben auf Gott so eine Art „Warten auf Godot“? • Psalm 42 sagt: „Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: „Wo ist denn nun dein Gott?“ Wie können wir heute mit der Erfahrung der Gottesferne klarkommen, ohne billige Vertröstung?