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Bibelkreis im Pflegeheim

Bis zur Corona-Krise gab es hier in einem Pflegeheim einen Bibelkreis. Durch den Wegzug von Brigitte Würth ist er Geschichte, doch sie ist es wert, sie noch einmal zu erzählen. Denn nach buchstäblich Jahrzehnten Hauskreis-Erfahrung war der Kreis für mich eine große Überraschung und ein Gewinn.


Brigitte war Initiatorin und Mittelpunkt dieses Kreises. In wechselnder Besetzung gehörten dazu einige aus unserer Gemeinde, einige Bewohner des Heims – und auch ich. Unsere Treffen begannen zwanglos in Brigittes Zimmer: Aus einem Pflegebett, einem Rollstuhl und einigen Stühlen wurde ein Kreis. Manchmal schauten Zimmernachbarn herein oder kamen spontan dazu. Ausgangspunkt war natürlich, wie es den Einzelnen ging – Krankheit und Sorgen, Aktuelles aus Heim oder Gemeinde. Mehr als in anderen Kreisen hatte dabei jeder eine feste Rolle – durch die Persönlichkeit, die Möglichkeiten und Begrenzungen. Spürbar waren auch immer die psychischen Erkrankungen, doch immer wenn einer in seine Schleife geriet, so halfen wir einander heraus.


Von da aus begannen wir mit Gebet und Bibelgespräch. Oft las Brigitte aus einem Andachtsbuch vor oder wir beschäftigten uns mit einem Psalm. Doch unmittelbarer als in anderen Kreisen kamen wir zur Verknüpfung mit unserem Leben. Oder anders gesagt: Die Gefahr des Theologisierens oder fromm Herumredens war bei uns nicht so groß. Man redet nicht so abstrakt, wenn jemand hilflos im Bett liegt oder psychische Erkrankung präsent sind! Es ging darum, wie das zusammenpasst, die offensichtlichen Fragen und Nöte - und Jesus, der Glaube und die Bibel. Einmal wurden die Krankheiten so drückend - Schrulligkeiten, Depressionen, Psychosen und alles zwischendrin - doch im Licht des Evangeliums von Jesus Christus konnten wir all unsere Verrücktheiten sehen und dann darüber lachen! Was für eine Befreiung, mit Gottes Hilfe und seinem Wort das relativieren zu können, was uns so dominiert und deformiert. Im Glauben und Lachen, waren und sind wir alle eins!


Zum Abschluss haben wir immer gebetet und alles Gott anvertraut. Prägend war dabei besonders Brigitte, die eine große Beterin geworden ist. Sie achtete darauf, dass jeder namentlich vorkam – ob anwesend oder fehlend. Besonders berührt und betroffen gemacht hat mich jedes Mal, wenn jemand betete: „Gott, ich danke dir für mein Leben, dafür dass….“ Dann dachte ich: „Und was ist mit meiner Dankbarkeit? Dabei habe ich Familie, Beruf und zuhause, aber ….“ Diese Gemeinschaft hat mich sehr bereichert. Sie hat mich achtsamer gemacht für Menschen mit Problemen; ich habe gelernt, dass ich gut da hineinpasse; und ich freue mich daran, dass Jesus Christus unser aller Hoffnung.


Brigitte hat neue Heimat gefunden und wir beten, dass Gott sie dort weiter begleitet und gebraucht. Doch wie geht es weiter mit uns? Werden wir den Kontakt in das Pflegeheim behalten? Gibt es dort neue Brückenbauer, durch die die dort Menschen die gute Nachricht von Jesus Christus erfahren? „Danke, lieber Vater, für das, was möglich war! Deine Fäden und Verbindungen reichen auch weiterhin dorthin. Gebrauche uns als Gemeinde dort wieder neu zu deiner Ehre!“


Christian Pestel


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