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Impfung gegen Verschwörungstheorien

Ich gebe es zu: Bisweilen finde ich Verschwörungstheorien recht interessant. Gibt es tatsächlich noch Leute, die meinen, die Erde sei eine Scheibe? Warum meinen manche, die Mondlandung sei in der Wüste Nevada gedreht worden? Und was ist mit den „Out-of-place-artifacts“ in der Archäologie? David gegen Goliath ist immer spannend. Und bisweilen haben sich ja auch Außenseitermeinungen durchgesetzt, die als Verschwörungstheorie begannen, etwa die Unterstützung der RAF durch die DDR oder die massenhafte Ausspähung durch die US-Geheimdienste.

Dennoch sind viele dieser „Theorien“ auch brandgefährlich. So führte die Meinung, die Juden strebten insgeheim die Weltherrschaft an (die „Protokolle der Weisen zu Zion“), zum Holocaust und der industriemäßigen Tötung von 6 Millionen Juden. Und Behauptungen, der Anschlag auf das World-Trade-Center sei durch die CIA selbst initiiert worden, dienen knallhart der Destabilisierung der USA. Gerade in Krisenzeiten können solche Behauptungen richtig gefährlich werden.

Zurzeit erleben wir live mit, wie Verschwörungstheorien um sich greifen. In Bezug auf die Corona-Krise sprießen sie förmlich aus dem Boden: Ob es um den Ursprung des Virus geht (China, Frankreich, USA), die Rolle der WHO (World Health Organisation), Bill Gates, den G5-Mobilfunk oder Impfungen – zurzeit haben „alternative Deutungen“ Konjunktur. In einigen Internet-Blogs kann man sehen, wie destruktiv und zerstörerisch das sein kann. Während Wissenschaft und Politik nach Lösungen suchen, suchen sie nach Schuldigen….

Besonders bitter aber ist es, wenn Christen sich davon anstecken lassen. Das ist manchmal allgemein politisch, hat manchmal aber auch eine ausgesprochen christliche Färbung. In den USA sind es evangelikale Christen, die sich für Donald Trumps wirren Kurs und gegen die Corona-Einschränkungen begeistern. Und sie führen einen (un-)geistlichen Kampf gegen Corona und den Teufel (sehenswert etwa bei Youtube der US-Prediger Kenneth Copeland zu Corona). Auch hierzulande gibt es ganz ähnliche, hoch problematische Haltungen und Meinungen unter Christen.

Dabei ist es gerade jetzt wichtig, dass wir Christen bedächtig bleiben. Ich habe auch kritische Anfragen an „die Medien“, wie etwa das öffentlich-rechtliche Fernsehen bis in den Februar die Corona-Gefahr heruntergespielt hat und andere als Verschwörer verurteilt hat.1 Dennoch habe ich mich entschieden, in der Corona-Frage a-politisch zu bleiben. Denn ich kenne mich in der Virologie nicht besonders gut aus und muss da Fachleuten vertrauen. Und ich bin froh, dass in dieser Lage nicht ich entscheiden muss, was richtig und was falsch ist. Vor allem aber will ich meine Glaubwürdigkeit nicht in diesem oder jenem Kampf verlieren. Ich will nicht, dass mein Zeugnis als Christ beschädigt wird durch falsche Freunde. In der kommenden Krise – und wir müssen wohl mit Insolvenzen, Massenarbeitslosigkeit und soziale Unruhen rechnen – da kommt es auf das Evangelium von Jesus Christus an! Da müssen wir als Christen glaubwürdig und konstruktiv zu hören sein.

Ist es nicht eine Riesenchance, dass wir als Christen in dieser Zeit leben? Manche sind aufgeschreckt aus ihren Gewissheiten; andere fragen nach krisenfesten Werten; und in die Fragen, die Verunsicherung, die Zukunftsangst, da dürfen wir von Jesus Christus reden, bei dem wir wahres Leben gefunden haben.

Christian Pestel

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